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Jazzimprovisation - Einfache Konzepte über II-V-I-Verbindungen

Jazz Gitarre lernen - Jazz Guitar Basics

Um die Jazz-Improvisation ranken sich viele Geheimnisse und Mythen, die meistens auf eine der folgenden beiden Thesen hinauslaufen:

1. Als Jazzmusiker muss man mit einem besonderen Talent gesegnet sein. So etwas hat man von Geburt an, oder man lernt es nie.

2. Jazz ist unheimlich verkopft und dadurch kompliziert. Ohne das auswendige Beherrschen vieler Tonleitern, Quarten- und Quintenzirkeln, übermäßigen Akkorden u.s.w. geht erst mal gar nichts.

Daraus folgt doch: Jazz ist eine Musik für besondere Ausnahmetalente und eine studierte Berufsmusiker. Die unzähligen Hobbygitarristen sollten am besten davon komplett die Finger lassen und sich mit Blues und Rock zufriedengeben. Kommt dir das bekannt vor?
Sicherlich steckt ein Fünkchen Wahrheit in diesen Vorurteilen: Talent in Form einer schnellen Auffassungsgabe vielleicht und musiktheoretisches Hintergrundwissen erleichtern die Sache und haben noch keinem geschadet.
Aber ich möchte heute zeigen, wie man mit ganz wenig Hintergrundwissen und ohne besonderes Talent anfangen kann, jazztypische Improvisation zu lernen.

Schau dir bei Interesse am Thema Jazz auch mal meinen Kurs "Jazzakkorde für Gitarre! an!

Sieh dir hier das Video zum Thema an:

Video direkt bei Youtube anschauen:
https://www.youtube.com/watch?v=BSmBxk3cJZA

Die wichtigste Akkordverbindung des Jazz ist die II-V-I-Verbindung (auch II-V-I-Kadenz genannt). Ihre besondere Bedeutung kommt daher, dass sie in den meisten Jazzstandards, also den bekanntesten und beliebtesten Stücken des Jazz, vorkommt.
Die römischen Zahlen II-V-I dienen hier nicht dem Bezeichnen von Lagen, also Griffpositionen, wie wir das sonst gewohnt sind. Vielmehr geht es hier um Stufenakkorde einer Tonleiter, den anderen typischen Einsatzzweck römischer Zahlen in der Musik.

II-V-I?
Die Abkürzung II-V-I bezeichnet also die Akkorde auf der zweiten, fünften und ersten Stufe einer Dur-Tonleiter.
Bei C-Dur wären das die Akkorde Dm, G und C.
Nun klängen diese Dreiklänge aber nicht nach Jazz, dazu werden sie üblicherweise zumindest noch um einen vierten, tonleitereigenen Akkordton, die Septime, erweitert.
Daraus ergeben sich die Akkorde Dm7, G7 und Cmaj7.

2-5-1-Verbindung

Aber wie improvisiert man nun ohne besonderes Spezialwissen über diese Akkordkombination?

5 Improvisationskonzepte

Mein erster Vorschlag: Die C-Dur-Pentatonik über alle drei Akkorde

Die Pentatonik kennt wirklich jeder Musiker, der sich schon mal mit dem Solospiel auseinandergesetzt hat, und wer sich statt der C-Dur-Pentatonik lieber die A-Moll-Pentatonik vorstellt, kann das genauso gut machen, die beiden Pentatoniken sind absolut identisch.

Vorteile: Dieses Konzept ist relativ einfach, man muss nicht aufpassen, wann die Akkorde wechseln.
Nachteile: Es klingt schnell monoton, es ist nicht möglich, damit eine große Spannung zu erzeugen.
Fazit: Für den Anfang nicht schlecht!

Zweiter Vorschlag: Die C-Dur-Tonleiter über alle drei Akkorde

Die Dur-Tonleiter beinhaltet noch zwei Töne mehr als die Pentatonik, so dass wir jetzt in unserer Beispiel-Tonart C-Dur das pentatonische Tonmaterial noch mal um die Töne F und H ergänzen.

Vorteile: Das Improvisations-Konzept ist immer noch relativ einfach zu merken, man muss auch hier nicht an Akkordwechsel groß denken, alle Akkordtöne sind in der Tonleiter enthalten.
Nachteile: Die Akkordwechsel kommen nicht zur Geltung, weil wir immer noch über jeden Akkord dasselbe spielen, und dadurch erzeugen wir wenig Spannung.

So richtig interessant wird es erst, wenn man das Tonmaterial an die einzelnen Akkorde anpasst.

Daher mein dritter Vorschlag: Vierklangsarpeggien

Von der Logik her ist dieses Konzept eigentlich das Naheliegendste: Zum Improvisieren werden über jeden Akkord aussschließlich seine Akkordtöne verwendet.
Akkordtöne einzeln gespielt nennt man Arpeggien oder Arpeggios. Man improvisiert also hier über Dm7 mit den Tönen D, F, A und C, über G7 mit den Tönen G, H, D, F und über Cmaj7 mit den Tönen C, E, G und H.
Vorteile: Die Akkorde spiegeln sich auch in der Improvisation ganz klar wider.
Nachteile: Für Jazz-Neulinge bedeutet das Lernen der Arpeggien erst mal einen gewissen Übeaufwand. Außerdem bietet es klanglich keine allzu großen Überraschungen.

Mein vierter Vorschlag: Die C-Dur-Pentatonik über die Stufen II und I, die Des-Dur-Pentatonik über die Stufe V

Wie kann das gutgehen? Die C-Dur-Pentatonik über die Akkorde Dm7 und Cmaj7 hatte ich als allererstes Konzept schon besprochen. Sie klingt hier gut, weil darin viele Töne der beiden Akkorde vorkommen.
Die fünfte Stufe in der II-V-I-Verbindung wird gerne mit möglichst viel Spannung angereichert, die dann beim Wechsel zur Stufe I wieder aufgelöst wird.
Indem man die Db-Dur-Pentatonik über G7 spielt, versieht man diesen Akkord mit maximaler Spannung.
Ohne dass man sich dessen unbedingt bewusst sein müsste, spielt man so automatisch die Alterationen b9, #9, b5 und #5. Und das ganz einfach, indem kurzzeitig die Pentatonik um einen Bund nach rechts verschoben wird, einfacher geht’s nicht!

Am besten klingt dieses Konzept, wenn man im Moment des Akkordwechsels keine großen Tonsprünge macht, sondern über einen benachbarten Ton elegant über den Akkordwechsel hinweg gleitet.

Vorteile: Geringer Aufwand, sehr interessanter Klang durch maximale Spannung und Entspannung.
Nachteile sehe ich hier nicht, es handelt sich um ein uneingeschränkt empfehlenswertes Konzept!

Fünfter und letzter Vorschlag: Dm-Pentatonik über die Stufe II, F-Moll-Pentatonik über die Stufe V und E-Moll-Pentatonik über die Stufe I

(Übrigens: Bekanntlich ist jede Dur-Pentatonik identisch mit einer Mollpentatonik, und zwar mit der ihrer parallelen Molltonart, man kann sie also immer auf zwei verschiedene Arten bezeichnen. Ich habe mich jetzt in diesem Beispiel für die Bezeichnung als Mollpentatonik entschieden, weil es hier m.E. besser nachvollziehbar ist.)

Die Dm-Pentatonik passt natürlich über Dm7, keine Frage. Mit der Fm-Pentatonik über G7 haben wir die spannungsvollen Töne b9, #9, die reine Quarte und #5 enthalten. Die Em-Pentatonik über Cmaj7 klingt dann wieder sehr konsonant, da fast alle Akkordtöne enthalten sind.
Vorteile dieses Konzepts: Spannungsreiche Kontraste zwischen den Akkorden, keine speziellen Skalen erforderlich
Nachteile: Die enthaltene Quarte über G7 ist mit Vorsicht zu genießen, das kann, je nach Erweiterung des G7-Akkords, auch falsch klingen.

Das waren meine fünf Vorschläge, die man anwenden kann, sofern man über harmonische Grundkenntnisse verfügt.
Mein persönlicher Favorit ist dabei der vierte Vorschlag, er verbindet minimalen Aufwand mit maximaler Wirkung!

Ist das alles?
Natürlich gibt’s noch viele weitere Möglichkeiten. Man mithilfe weiterer Skalen wie Melodisch Moll, der Ganztonleiter oder der verminderten Skala u.v.a. noch viel tiefer in die Materie einsteigen.
Aber, was ich beweisen wollte, war, dass man nicht erst viele neue Tonleitern lernen muss, bevor man mit der Jazzimprovisation anfangen kann.
Und, wie ich hoffentlich deutlich machen konnte, der Einstieg ist doch gar nicht so schwer, oder?!

Feedback erwünscht!
Schreib mir doch in einem Kommentar unten, was du davon hältst oder, falls du schon Erfahrung mit Jazz hast, welche Konzepte du am liebsten über II-V-I-Verbindungen anwendest!
Wie anfangs kurz erwähnt, habe ich auch ein E-Book zum Thema Jazzakkorde geschrieben, dass ich auch um Videos und Playalongs ergänzt habe. Und das Ganze ist als
HIER erhältlich.

Viel Spaß beim Ausprobieren!